20071004

Komplet

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Die Komplet ist das zweite Abendgebet der Kirche und zum Unterschied von der Vesper ein subjektives Gebet der sündigen Seele, die einkehren will in die Ruhe zu Gott.
Die Hore ist in ihrer Komposition ein Meisterwerk, vom heiligen Benedikt geschaffen, und kann das Ideal eines Nachtgebets genannt werden. Schön ist die Symbolik der Komplet: Die Hore beginnt ohne Einleitungsgebet unvermittelt und verweilt gleich bei der Gewissenserforschung und Reue. Licht und Sonne sind sowohl in der heiligen Schrift als auch in der Liturgie beliebte Gleichnisse und Bilder für die Gottheit, Christus und das göttliche Leben. Christus ist die göttliche Sonne, der Christ ist ein Sonnenkind. Diese Gedanken finden wir oft in den Horen wieder. Aber auch der Gegensatz vom Licht, die Nacht, die Finsternis, ist in Bibel und Liturgie ein gern gebrauchtes Symbol für die dunklen Mächte der Hölle. Und dieser Nachtgedanke beherrscht unsere ganze Komplet. Der Beter sieht in der Finsternis das Element des Teufels, die Nacht ist der Mantel des Fürsten der Welt. Das Gotteskind als Lichtwesen fürchtet sich vor der Nacht, wie ein Küchlein flüchtet es sich unter die Flügel der Henne vor dem Teufelsgeier. Beachten wir noch, dass wir beim liturgischen Gebet nicht bloß an uns selbst, sondern auch an unsere Mitmenschen denken, bei denen es 'Abend wird', Abend der Versuchung, der Sünde, des Todes. Und ist es nicht wirklich der Fall, dass der böse Feind so gern die Nacht für seine Verführungskünste benutzt? Es ist, als wenn bei anbrechender Dunkelheit die Hölle sich entvölkerte, und ihre Boten auf die Erde entsendete, um die Menschen zu umgarnen. Wie viele Sünden deckt die Nacht mit ihrem Schleier zu! Da betet der Priester das Nachtgebet zum Schutz vor Höllenmacht für sich und seine Brüder.
Auch der Schlaf ist ein Symbol, ein Bild des Todes; unwillkürlich denkt der Mensch vor dem Schlafen gehen an den Tod, und so ist die Komplet auch ein 'Nachtgebet unseres Lebens', ein Gebet um eine glückliche Sterbestunde; gerade in dieser Beziehung enthält es herrliche Gedanken. Kurz und prägnant wird in der Segnung zu Anfang diese doppelte Bedeutung des Nachtgebets ausgesprochen: "Eine gute Nacht und ein seliges Ende gebe uns Gott, der Allmächtige."
Endlich hängen wir über unser Gebet als heilsgeschichtlicher Hintergrund das Bild der Todesangst Jesu auf dem Ölberg, und wir beten dann die Komplet auch für die Ölbergstunden in unserem Leben und in dem unserer Mitmenschen. Es ist also ein ernstes Bittgebet: Reue, Bitte um Schutz, tiefes Vertrauen sind seine Hauptelemente. Von besonderer Schönheit ist der auf die Psalmodie folgende, stehende Teil. Nach dem Hymnus folgt das schöne Kapitel: 'Du bist mitten unter uns!" Jesus in unserer Mitte, in seinem Namen sind wir versammelt. "Verlass uns nicht", das ist der Hauptgedanke, die Hauptbitte, an diese knüpft der folgende Wechselgesang an. Es folgen jetzt die zwei Sterbebilder: das erste im Responsorium enthalten: Jesus hängt am Kreuz und spricht sein letztes Wort: "Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!" und wir sprechen wiederholt, nachdenklich dieselben innigen Worte: Dir, o Erlöser, empfehle ich meine Seele jetzt in der Nacht des Tages, des Lebens und der Seele! Der folgende Versikel zeichnet zwei allerliebste Nachtbildchen: a) Behüte mich wie deinen Augapfel! Ich bin so schutzbedürftig wie das Auge; b) wie Küchlein fliehen wir unter deine schützenden Flügel! Jetzt das zweite Sterbebild im evangelischen Gesang: der greise Simeon singt sein Schwanenlied; er hält das Jesuskind in den Händen, sein sehnsuchtsvoller Wunsch ist in Erfüllung gegangen, er hat den Erlöser gesehen, und nun bittet er um Entlassung aus diesem Dienste Gottes. Der Beter ist in ähnlicher Lage, er trägt den mystischen Heiland in seinen eigenen Händen und seinem Herzen, die Erlösungsgnaden des Tages; seine Augen haben wieder das Heil gesehen, 'göttliches 'Licht' ist ihm aufgegangen, Christus war sein 'Ruhm'. Jetzt bittet er um Entlassung aus dem Dienste, es ist Feierabend für die Tagesarbeit, vielleicht auch Feierabend des Lebens. Wir sind ja Gottes Tagelöhner und müssen täglich bereit sein, von ihm 'entlassen' zu werden. Diese zwei Sterbebilder sind von großartiger Wirkung. Der Rahmenvers zu dem Gesang des Simeon ist ebenfalls sehr gedankenreich; leibliches und geistiges Wachen und Schlafen fließen ineinander: Schütze uns, wenn wir wachen (bei Tag), schütze uns, wenn wir schlafen (bei Nacht), dass wir mit Christus wachen (im Leben durch die Gnade) und ruhen im Frieden (in einem glücklichen Tode). Auch hier sehen wir, dass die Komplet ein Nacht- und Sterbegebet zugleich ist.

Quelle

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