20070820

Leib u Himmlische Herrlichkeit

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Der Leib und die himmlische Herrlichkeit
August

Das Dogma von der leiblichen Aufnahme Marias in die himmlische Herrlichkeit geht uns heute eher im Weg um. Fast alle seine Aussagen klingen wie Fremdwörter ohne greifbaren Sinn: Maria — der Himmel — die Herrlichkeit. Nur ein Wort verstehen wir hier: der Leib. Aber vielleicht öffnet sich von diesem einzigen Wort her, das auch für uns eine unmittelbar verständliche Bedeutung hat, der Zugang zum Ganzen. Was hier gesagt wird, ist ein Bekenntnis zum Leib und damit ein Bekenntnis zur Erde, ein Bekenntnis zur Materie und ein Bekenntnis zur Zukunft von alledem. Die scheinbar leibfeindliche Kirche hat mit diesem Dogma einen Hymnus auf den Leib angestimmt und ihn in Zusammenhang mit dem Göttlichen gebracht. Denn die Beziehung zwischen Leib und Himmel, die hier hergestellt wird, besagt nichts anderes als eine nachdrückliche Bejahung des Leibes: Leib ist nicht nur Körper, sondern er hat mit dem „Himmel", d. h. mit Gott zu tun. Vielleicht geht uns das deshalb so wenig ein, weil in dieser Formel eine Zwischenstufe übersprungen oder als selbstverständlich vorausgesetzt wird, auf die es in höchstem Maß ankommt: Leib hat mit dem Himmel zu tun, weil er mit dem Menschlichen des Menschen zu tun hat. Weil er unmittelbar ins Menschliche selbst hineingehört und an seiner Würde Teil hat. Das aber ist eine Aussage von größter Aktualität: Die Entdeckung des Leibes droht heute weithin in seine Enthumanisierung um zuschlagen. Um ihn richtig, ungehemmt, in Besitz nehmen zu können, wird er aus der Sphäre sittlicher Verantwortung ausgeschieden, zur reinen Sache gemacht, die man abseits der eigentlich menschlichen Verpflichtungen und Beziehungen benützen kann. Leib wird in Körper umgesetzt; ein neuer Dualismus zieht herauf, dessen zerstörerische Wirkungen wir schon weithin erleben. Nur wo das Menschsein in seiner unverkürzten Ganzheit bestanden wird, öffnet sich ihm Zukunft. Nur wo der Leib in seiner humanen Würde angenommen ist, bleibt auch der Geist human; nur wo das Humane von Gottes Verheißung her gesehen wird, bleibt der Leib in seiner Ehre. Deswegen ist die wirkliche Einwurzelung von Gottes Tun bis in die Leibhaftigkeit hinein ohne spiritualistische Besserwisserei so wichtig: von der Geburt aus der Jungfrau begonnen bis zur Auferstehung des Herrn und bis dahin, dass das Ja Gottes durch den Sohn hindurch im Ja der zuerst Glaubenden wieder den Leib zu erreichen vermochte. Und so schließen sich nun alle Wörter des Dogmas zusammen: zuerst „Himmel" und Leib, nun aber auch Maria und Herrlichkeit und Leib und Himmel. Maria — dieser Name macht das Ganze konkret — konkret in einer äußerlich sehr einfachen Frau, die sich selbst als gewöhnliche Dienstmagd bezeichnet (Lk1,48). Dass Herrlichkeit gerade hier ansetzt, sollten wir nicht vergessen. Nicht eine Königin ist verherrlicht, sondern die einfache Magd. Nicht der Macht ist Zukunft verheißen, sondern dem Glauben. Dem Gott zu glauben, der die Niedrigen erhöht und die Mächtigen vom Throne stößt, der Fleisch wurde und Fleisch erweckte — das ist die irdische Forderung und die himmlische Verheißung, das Zugleich von Gerechtigkeit und Gnade, auf das uns das Fest vom 15. August stoßen will.



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