20070820

Beten fuer die Toten

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Beten für die Toten
November

Wer heute die Theologie über das Fegefeuer befragt, erhält kaum Antwort. Die Bibel scheint davon zu schweigen. Auf welchen Grund hin kann die Überlieferung dann davon reden? So wird das Thema umgangen. Aber andererseits — könnten wir uns eine Kirche denken, in der nicht mehr betend der Heimgegangenen gedacht würde? Man könnte sagen, die selbstverständliche   Gewissheit,   mit   der  das Gebet zu allen Zeiten auch die Verstorbenen umgriff, sei selbst ein lebendiger Ausdruck eines tieferen Wissens, das dem Glauben inne wohnt, dass nämlich das Miteinander und das Füreinander im Tode nicht endet, sondern gerade das wahrhaft Bleibende ist. Aber können wir diesem Wissen nicht doch einen konkreteren Inhalt geben? Heute scheint klar, dass das Feuer des Gerichts, von dem die Bibel redet, nicht eine Art von jenseitigem  Gefängnis meint,  sondern  den Herrn selbst, der im Augenblick des Gerichts dem Menschen begegnet. Aber was sagt das eigentlich, genau betrachtet? Das heißt doch, dass für den Menschen, der unter den Blick des Herrn gerät, alles „Stroh und Heu" seines Lebens verbrennt und dass nur übrig bleibt, was wahrhaft Bestand haben kann. Es besagt, dass der Mensch durch die Begegnung mit Christus um geschmolzen wird zu dem, was er eigentlich sein sollte und könnte. Die Grundentscheidung eines solchen Menschen ist das Ja, das ihn fähig macht, Gottes Erbarmen zu empfangen; aber diese Grundentscheidung ist vielfältig verzwängt und verklemmt, nur mühsam blickt sie aus dem Gitterwerk des Egoismus hervor, das der Mensch nicht abzustreifen vermochte. Er empfängt Erbarmen, aber er muss verwandelt werden. Die Begegnung mit dem Herrn ist diese Verwandlung, das Feuer, das ihn umbrennt zu jener schlackenlosen Gestalt, die Gefäß ewiger Freude werden kann.
Aber verliert damit nicht doch das Gebet für die Toten seinen Sinn? Kann man in die unumgängliche persönliche Umwandlung eines Menschen mit eintreten wollen? Ja, man kann es, weil für den christlichen Glauben das Innerste des Menschen doch zugleich auch sein Gemeinsames ist in der Einheit aller Glieder Christi.
Das Mitleiden und Mitlieben steht nicht neben der Person, sondern in ihr selbst: Sie ist anders, ob sorgende Liebe mit ihr geht oder nicht. Ihre Schuld ist ja auch nichts bloß Privates: Sollte „Fegefeuer" nicht, menschlich ausgedrückt, doch gerade auch daran hängen, dass nicht fraglos glücklich mit Gott vereinigt sein kann, wer Schuld hinterlassen hat, deretwegen Menschen in dieser "Welt leiden? Wo aber Schuld in vergebende Liebe verwandelt wird, fällt eine Grenze, die dem endgültigen Frieden im Weg stand. Was das Gebet der Kirche für die Toten so vor allem deutlich macht, ist dies: In der Welt des Glaubens sind die Grenzen zwischen Tod und Leben, aber auch die Grenzen zwischen Mensch und Mensch durchlässig in einem Himmel und Erde umfassenden Geben und Empfangen, für das niemand zu gering und niemand zu groß ist.



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